IN GEHEIMER MISSION – aus dem Leben einer Golf Mystery Testerin

Mystery Tester – den Begriff ist vermutlich bekannt: Große Warenhäuser und Modemarken schicken anonyme Tester in ihre Geschäfte, um das Personal zu checken auf Freundlichkeit und Beratungskompetenz. Nach dem Motto: ein bißchen kapriziös sein, dem Personal Löcher in den Bauch fragen und dafür auch noch Geld kassieren. Muss ein toller Nebenjob sein, dachte ich immer. Dass es etwas ähnliches auch im Golfbereich gibt konnte ich mir nicht vorstellen. Bis ich vor sechs Jahren selbst eine Mystery Testerin wurde. Nur hier kommt es im Gegenteil darauf an, unauffällig zu agieren und ganz dezent aufzutreten. Und so fing alles an:

THE LEADING GOLF COURSES

Top Secret Mystery Tester

Die Marketing-Organisation „Leading Golf Courses“ wurde 1999 gegründet mit dem Ziel, ein Gütesiegel zu etablieren und sich somit besser abzuheben im Golfmarkt. Rudi Horn, damals langjähriger Manager des GC Schladming, war einer der treibende Kräfte hinter der Gründung. „Wir wollten einfach eine Allianz von qualitativ höherwertigen Clubs schaffen. Denn wir 12 Top-Anlagen hatten alle das gleiche Problem – wir hatten höhere Preise und vor 30 Jahren haben das die Leute nicht so gut verstanden. Wir mussten das besser vermitteln. Ein guter Platz-Designer und Top-Qualität und Greenkeeping kostet einfach.“

Heute umfasst die Mitgliedsliste 16 Clubs, the Best of the Best fast in jedem Bundesland. Josef Mayerhofer, seit 2014 Geschäftsführer der Leading Golf Courses Organisation, erklärt mir: „Die Zusammensetzung änderte sich natürlich im Laufe der Jahre. Dellach, ein Gründungsmitglied, war irgendwann dann der Meinung, dass der Nutzen der Marke nicht ausreichend ist. Meist hängt die Perspektive ja am aktuellen Management. Anlagen bewerben sich heute von selbst, oder wir gehen aktiv auf eine Anlage zu, wo wir meinen, die hätte das Potential. Oder Clubs scheiden aus, wenn in zwei Jahren in Folge die Mindestpunktezahl verfehlt wird.“

Josef Mayerhofer managt die Leading Golf Courses Vermarktung

GOLF AUF HÖCHSTEM NIVEAU

Ein Golfclub, der die Auszeichnung „The Leading Golf Course“ tragen möchte, muss eine Menge an Qualitätskriterien erfüllen. In Folge finden auch eine Reihe strenger Überprüfungen durch anonyme und objektive Tests statt. Danach können Golfclubs, die vom Entrée bis zum 19. Loch ein exzellentes Golf-Erlebnis bieten, in den exklusiven Kreis aufgenommen werden. Sie zahlen dafür 7.500 Euro netto als Gegenwert für das Gütesiegel und die laufende Vermarktung im Verbund. So wird beispielsweise bei Sky TV-Werbung betrieben und auch im Printbereich ist die Marke präsent. Um on top zu bleiben, müssen die Betreiber die Kriterien jedes Jahr aufs Neue erfüllen.

„Zur Bewertung setzen wir auf anonyme Tester aller Spielstärken. Mithilfe eines Fragebogens mit über 100 Detailfragen zu Punkten wie Zustand der Fairways und Grüns bis zum gesamten Erscheinungsbild der Anlage, der Serviceeinrichtungen, oder auch Kompetenz der Mitarbeiter bewerten sie die Clubs. Erst durch das Urteil mehrerer Tester wird entschieden, ob die Anforderungen erfüllt sind, und der Club das Qualitätssiegel tragen darf“, erzählt uns Mayerhofer (selbst Hcp -9,7, Mitglied beim GC Am Mondsee). Jeder Club wird sechsmal in der Saison getestet, neue Mitglieder sogar neunmal.

KONTROLLIERTE QUALITÄT

Ich bin also eine davon. Jedes Jahr werden wir Mystery Tester zu einem Workshop geladen, wo uns die Wichtigkeit unserer Aufgabe eingebläut wird. Die Prüf-Kriterien werden wiederholt: in welchen Fällen sind Fotos zur Dokumentation unerlässlich, was tun bei Unwetter, wie rechne ich die Spesen ab, strittigen Fragen werden erörtert. Und – Wie haben wir uns zu verhalten, damit möglichst niemand mitbekommt daß wir gerade als Tester unterwegs sind. Manchmal gar nicht einfach! Clubbetreiber nehmen die Kritik in den ausgefüllten Testbögen teilweise sehr persönlich. Das gibt Konfliktpotential. Es sei aber in den letzten Jahren viel besser geworden, so Mayerhofer.

Ein Mystery Tester muss für den Test-Tag Urlaub nehmen oder eben während der Woche Zeit haben (die Tests finden von Dienstag bis Freitag vormittag statt). Ein Tester bekommt keine Fahrtspesen ersetzt, aber sehr wohl das Greenfee, die Rangegebühr und bis zu 50 Euro Konsumationsersatz. Das ist eine der angenehmen Seiten – ich MUSS nach der Runde ins Restaurant und essen. Und ob die Gastronomie eine gute Weinauswahl bietet, habe ich auch zu begutachten. Ob tatsächlich im Glas, oder nur durch einen Blick in die Speisekarte bleibt mir überlassen. Wobei – hier hat Josef Mayerhofer schon die lustigsten Belege reinbekommen: „Einmal stand auf der Rechnung nur eine Schnitzelsemmel und vier Bier – fanden wir lustig, aber mussten wir ablehnen. So kann ich die Gastronomie nicht wirklich testen.“

IN GEHEIMER MISSION UNTERWEGS

An die Durchführung meines ersten Tests beim GC Linz St. Florian erinnere ich mich noch genau. Ich war den Testkatalog und alle Fragen vorab mehrfach durchgegangen, war generalstabsmäßig vorbereitet. An der Rezeption habe ich mein Sprüchlein aufgesagt und mich nach Einschränkungen erkundigt. Ich versuchte die Reaktion zu deuten – ahnt man im Clubsekretariat, wer ich sein könnte? Birdiebook eingesteckt, Block für Notizen, Handy und Powerbank (damit mir nur ja der Akku nicht ausgeht, schließlich muss ich ja viele Fotos machen). Dann legte ich los – ich inspizierte Übungsgelände und Range, Garderoben, Waschplatz, ein kurzer Check wo überall das Leading-Logo zu sehen ist. Jetzt aber raus auf den Platz.

Wie ein Privatdetektiv kam ich mir vor, als ich heimlich Fotos schoss vom Eimer mit den Rangebällen (ja, auch diese Qualität will überprüft werden!). Mir fielen plötzlich Punkte auf, auf die ich nie zuvor geachtet hatte. Innerhalb von 24 Stunden bin ich verpflichtet, den Test auszuwerten. Über 100 Fragen sind zu beantworten, Fotos hochladen – das dauert schon mal ein paar Stunden bis das alles erledigt ist. Puh.

Warum ich immer noch dabei bin? Man geht mit anderen Augen auf eine Runde. Man lernt Qualität einzuschätzen und zu schätzen. Und man spielt Clubs, die man sonst vermutlich nicht spielen würde. Um es mit einem abgewandelten Goethe-Zitat auszudrücken:

Das Leben ist nicht nur zu kurz, um schlechten Wein zu trinken… sondern auch um schlechte Golfplätze zu spielen.

sagen johann wolfgang von goethe und die genussgolferin 😁

Ein echtes Asset der Leading Golf Courses ist übrigens die Leading Karte für 450 Euro, die jedes ordentliche Mitglied einer Mitgliedsanlage erwerben kann. Dafür kann man alle restlichen Clubs jeweils dreimal während einer Saison spielen.

MARKENZEICHEN AUCH IN DEUTSCHLAND

Im Jahr 2003 expandierte man die Idee und die Lizenz nach Deutschland. Man gründete einen Marketing-Verbund, auch in der Schweiz waren 5 Anlagen dabei. Schließlich trennten sich aber die Wege im Jahr 2017, die Organisation taufte sich um in „The Leading Golf Clubs“. In Deutschland sind 2022 36 Anlagen dabei (5 % der 720 Clubs in ganz Deutschland sind also Leading). Die Messlatte für die Clubs liegt auch hier hoch. Der gesamte Platz und seine Umgebung sollen ein Erlebnis bieten, grössten Wert legt man auf hervorragendes Greenkeeping. Das gilt nicht nur für die Pflege, sondern für die gesamte Platzarchitektur. Kompetentes Personal ist ein Muss. Die Leading Golf Clubs haben in der Regel einen exquisiten Pro Shop und ein großes Angebot an Leihequipment. Von Leihschlägern über E-Trolleys bis zur modernen Cart-Flotte gibt es alles.

Die einzelnen Kriterien sind etwas unterschiedlich gewichtet zum österreichischen System. Aber auch hier sind anonyme Tester (müssen minimum Hcp -18 haben ) mehrmals im Jahr im Einsatz. Besonders gründlich, man ist versucht zu sagen mit deutscher Gründlichkeit, findet hier die Vorbereitung für die Tester statt. Im Vorfeld eines Kick-Off Workshops werden Frage-Umschläge in einer Box per Post nach Hause verschickt. Erst im dreistündigen Workshop sind sie zu öffnen und zu beantworten.

Jetzt kennt ihr sie, meine geheime Mission. Nicht im Dienste eurer Majestät – aber im Dienste von Golfern, die Wert auf Qualität legen!




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